Kündigungsrecht – Stolperfalle Vollmacht

Kündigungsrecht – Stolperfalle Vollmacht

Kündigungsrecht – Stolperfalle Vollmacht

 

Eine Vielzahl von Verträgen über Dauerschuldverhältnisse enden durch eine Kündigung, sei es ein Arbeitsvertrag, ein Mietvertrag oder ein Pachtvertrag. Dass bei einer Kündigung einiges schief laufen kann ist eine Binsenweisheit. Neben der Begründetheit einer Kündigung sind auch Formalien zu beachten, soll nicht eine Kündigung bereits wegen Formverstoßes unwirksam werden.

Schriftform

Eine wichtige formale Anforderung ist, dass (regelmäßig) Kündigungen der Schriftform bedürfen, mithin der Unterschrift einer natürlichen Person, z.B. § 623 BGB für das Arbeitsrecht bzw. § 568 BGB für das Mietrecht.

Kündigungsberechtigung und Nachweispflicht

Eine weitere Forderung ist, dass die unterzeichnende Person überhaupt berechtigt ist zur Abgabe einer Kündigungserklärung. Bei natürlichen Personen ist das regelmäßig anzunehmen. Doch bei Unternehmen, Gesellschaften, Betrieben, Erbengemeinschaften, Vereinen ist das schon schwieriger. Hier bedarf es einer Bevollmächtigung (das eine Person eine Kündigung aussprechen darf) und des Nachweises dieser Bevollmächtigung gegenüber dem (potentiellen) Kündigungsempfänger. Letzteres erfolgt regelmäßig durch Vorlage eine Vollmachtsurkunde.

Eine Vollmacht muss zu einer Kündigungserklärung im Original vorliegen. Es reicht weder eine Kopie, beglaubigte Abschrift, ein Fax noch ein eingescanntes Vollmachtsdokument.

Erfolgt eine Kündigung durch einen Unterbevollmächtigten, muss die gesamte Vollmachtskette dokumentiert werden, jeweils durch Original-Vollmachtsurkunden.

Keine Regel ohne Ausnahme

Keine Regel ohne Ausnahmen – auf die Vorlage einer Vollmachtsurkunde kann verzichtet werden, wenn in einem Unternehmen die Stellung der die Kündigung aussprechenden Person die Kündigungsbefugnis beinhaltet und dies deutlich ist bzw. dem Kündigungsempfänger bekannt ist. Dies gilt insbesondere für Geschäftsführer und Prokuristen. Diese werden im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass sich beispielsweise aus einem Gesellschaftsvertrag Beschränkungen ergeben können.

Einer Vollmachtsvorlage bedarf es zudem dann nicht, wenn der Kündigungsempfänger anderweitig Kenntnis von der Vollmachtserteilung/Bevollmächtigung hat. Dies kann durch eine direkte schriftliche Mitteilung erfolgen oder durch das Berufen einer Person in eine Stellung im Unternehmen, welche regelmäßig zum Kündigungsausspruch berechtigt (z.B. Geschäftsführer oder Prokurist, s.o.). Nach der Rechtsprechung ist es zudem ausreichend für eine Inkenntnissetzung, wenn bereits in den (Arbeits-/Miet-)Verträgen Personen namentlich aufgeführt werden, welche Vertretungsvollmacht haben sollen. Keinesfalls ausreichend ist aber ein (alleiniger) Hinweis auf einem „schwarzen Brett“.

Was tun bei fehlender Vollmachtsurkunde bzw. -kenntnis? Zurückweisung!

Bei Zweifeln hinsichtlich der Bevollmächtigung bzw. bei Nichtvorlage einer Vollmachtsurkunde im Original und fehlender Kenntnis über die Bevollmächtigung kann nach § 174 BGB die Kündigung zurückgewiesen werden. Dies hat unverzüglich (= ohne schuldhaftes Zögern) zu erfolgen. In aller Regel wird durch die Rechtsprechung jedoch eine Überlegungsfrist von einer Woche eingeräumt.

Die Zurückweisung einer Kündigung kann gegenüber dem Vertreter wie auch gegenüber den vertretenen Unternehmen) erfolgen.

Sonderproblem „Vier-Augen-Prinzip“

Eine Sonderproblematik betrifft den Fall, dass ein Unternehmen, Betrieb, Verein etc. durch 2 Personen gemeinsam nach außen vertreten wird. Hier kommt es darauf an, dass eine Kündigungserklärung auch von 2 kündigungsberechtigten Personen erklärt (unterzeichnet)  wird und entsprechende Vollmachten vorgelegt werden (im Original – Ausnahme siehe oben).

Gibt es (nur) vereins- bzw. unternehmensintern die Regelung des so genannten „Vier – Augen – Prinzips“, führt ein Verstoß hiergegen nicht per se zur Unwirksamkeit der Kündigung. Der Verstoß ist vielmehr vereins- bzw. unternehmensintern zu regulieren bzw. zu ahnden. Die gekündigte Person kann sich hierauf jedoch nicht berufen – so auch das Bundesarbeitsgericht.

Unser Erachtens gilt dies Grundsatz dann nicht, wenn das „Vier-Augen-Prinzip“ durch ein Unternehmen werblich hervorgehoben wird, z.B. durch Veröffentlichung von Compliance-Regelungen auf der unternehmenseigenen Internetseite. Wer im Geschäftsverkehr mit dem „Vier-Augen-Prinzip“ wirbt und hierdurch ein besonderes Vertrauen erweckt, muss sich an diesem auch festhalten lassen.

Wenn ein Dritter die Zurückweisung erklären soll!

Sind vorbenannte Grundsätze nicht gewahrt, kann und sollte der Kündigungsempfänger die Kündigungserklärung unverzüglich zurückweisen. Die Zurückweisungserklärung muss rechtzeitig (unverzüglich, s.o.) dem Vertretenen oder dem Vertreter zugehen. Soll ein Vertreter des Kündigungsempfängers (z.B. Anwalt) die Zurückweisung erklären, bedarf es ebenfalls der Vorlage einer Vollmacht im Original. Zudem muss sich aus der Erklärung ergeben, dass die Kündigung wegen mangelnder Vollmacht zurückgewiesen wird.

Fazit: Bereits die Formalien einer einfachen Kündigungserklärung beinhalten einige Stolperfallen. Damit Sie nicht ins Stolpern kommen, wenden Sie sich – rechtzeitig (!) – an einen Anwalt Ihres Vertrauens.