Vollmacht am schwarzen Brett

Vollmacht am schwarzen Brett

Vollmacht am schwarzen Brett

Eine Kündigung kann an vielen formalen Hürden scheitern. Zum Beispiel muss in vielen Fällen einem Kündigungsschreiben eine Vollmacht im Original beigefügt sein, aus der sich ergibt, dass der Unterzeichner der Kündigungserklärung hierzu überhaupt berechtigt ist. Um diese „bürokratische“ Hürde zu vermeiden, neigen manche Arbeitgeber dazu, am „schwarzen Brett“ als Aushang mitzuteilen, wer denn zur Kündigung berechtigt sein soll.

Das sächsische Landesarbeitsgericht führt hierzu in einen PKH Beschwerdeverfahren per Beschluss vom 24.01.2017 – Az.: 4 TA 255/16 (9) folgendes aus (Hervorhebungen durch uns):

„Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichtes besteht für den vorliegenden Klageantrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 15.07.2016, zugegangen am 16.07.2016, nicht aufgelöst worden ist, sehr wohl hinreichende Aussicht auf Erfolg gemäß § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die gegenüber dem Kläger ausgesprochene Kündigung vom 15.07.2016 ist mangels Vorlage einer Vollmacht der unterzeichnenden Person unwirksam.

Nach §§ 174 S. 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung und fällt daher unter den Anwendungsbereich des §§ 174 BGB. Eine Vollmachtsurkunde war der ordentlichen Kündigung nicht beigefügt. Der Kläger hat sie aus diesem Grund zurückgewiesen. Dies geschah unverzüglich. Zwischen dem Kündigungsdatum und dem Datum des Zurückweisungsschreibens liegt nicht mal eine Woche.

Anhaltspunkte, aufgrund derer die Zurückweisung dennoch nicht unverzüglich gewesen sein könnte, sind weder ersichtlich noch von einer der Parteien vorgebracht.

Die Zurückweisung war vorliegend auch nicht ausgeschlossen.

Eine Vertretungsmacht des unterzeichnenden auf gesetzlicher Grundlage, welche die Anwendbarkeit des §§ 174 BGB ausschlösse besteht nicht, denn Herr H. war im Kündigungszeitpunkt nicht gesetzlicher Vertreter der Beklagten.

Die insoweit darlegungs-und beweisbelastete Beklagte hat auch keine tatsächlichen Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass sie den Kläger gemäß § 174 S. 2 BGB von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hätte.

Dass der Kläger vor Kündigungsausspruch ausdrücklich auf die Kündigungsberechtigung des Unterzeichners hingewiesen worden wäre, behauptet sie selbst nicht.

Sie hat den Kläger auch nicht auf andere Weise von der Kündigung Vollmacht in Kenntnis gesetzt. Zwar ist dies grundsätzlich auch durch schlüssiges Verhalten möglich, wobei auch die zufällige Kenntniserlangung auf anderem Wege nicht genügt (Bundesarbeitsgericht vom 12.01.2006-2 AZR 179/05) und eine Nachforschungspflicht des Kündigungsempfängers nicht besteht (Sächsisches Landesarbeitsgericht vom 28.02.1997-7 SA 816/96). Die Beklagte hat den Kläger nicht konkludent von einer Kündigung Vollmacht des Herrn H in Kenntnis gesetzt.

Eine Inkenntnissetzung ergibt sich nicht aus dem Vertretungszusatz „i. V.“, mit dem der Vertriebsdisponent das Kündigungsschreiben unterzeichnet hat. Das Inkenntnissetzen im Sinne des §§ 174 S. 2 BGB setzt eine entsprechende Information über die Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber und nicht einen Hinweis des Vertreters auf seine Vertreterstellung voraus. Dafür sieht das Gesetz gerade die Vorlage der Vollmachtsurkunde vor (Bundesarbeitsgericht vom 12.01.2006-2 AZR 179/05). § 174 S. 2 BGB verlangt keine Nachforschung vom Erklärungsempfänger über die Bevollmächtigung des Erklärenden, sondern ein Inkenntnissetzen vor Zugang der Kündigung. In den Motiven zum BGB zur Begründung der Regelung wird ausgeführt, wenn jemand ein einseitiges Rechtsgeschäft, z.B. eine Kündigung gegenüber einem Beteiligten als Bevollmächtigter im Namen eines anderen vornehme, ohne sich über die erteilte Vollmacht auszuweisen, gerate der Beteiligte insofern in eine ungünstige Lage, als er keine Gewissheit darüber haben, ob das Rechtsgeschäft von einem wirklich Bevollmächtigten ausgehe und der Vertretene dasselbe gegen bzw. für sich gelten lassen müsse (vergleiche dazu Bundesarbeitsgericht 06.02.1997-2 AZR 128/96-Rn. 20).

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte mit dem Aushang der Namen der jeweiligen Funktions- bzw. Stelleninhaber nach § 16 des Arbeitsvertrages an „schwarzen Brett“ in der dem Kläger betreuende Niederlassung den Kläger im Sinne des §§ 174 S. 2 BGB ausreichend von der Bevollmächtigung des Vertriebsdisponenten „in Kenntnis gesetzt“ hat.

Wie sich aus dem Wortlaut des §§ 174 S. 2 BGB und dem Umstand ergibt, dass das in Kenntnissetzen ein gleichwertiger Ersatz für die Vorlage der Vollmachtsurkunde sein soll, muss die Mitteilung von der Bevollmächtigung unmittelbar an den Erklärungsempfänger herangetragen werden und von ihm vernommen werden können. Allein der Hinweis auf einen Aushang an einem „schwarzen Brett“ reicht nicht, dieses festzustellen. So genannte „schwarze Bretter“ werden typischerweise zu ganz unterschiedlichen Mitteilungen verwandt. Z.B. werden Aushänge des Betriebsrates oder der Gewerkschaften vorgenommen, sogar einzelne Anzeigen von Arbeitnehmern, die Gegenstände erwerben oder verkaufen wollen, finden sich an „schwarzen Brettern“. Es kann aber nicht als allgemein üblich angesehen werden, an „schwarzen Brettern“ Vollmachtsurkunde und ähnliches auszuhängen und die Arbeitnehmer ausschließlich auf diesem Weg über Veränderungen der Vertretung des Arbeitgebers gegenüber den Regelungen des Gesellschaftsvertrages zu informieren. Es kann nicht einmal als üblich angesehen werden, dass allgemeine Mitteilungen des Arbeitgebers nur an „schwarzen Brett“ ausgehängt werden, die unmittelbar für Einwirkungen auf das Vertragsverhältnis mit dem Arbeitnehmern relevant sind. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass es bei der Beklagten üblich gewesen wäre, dass alle Arbeitnehmer sich an „schwarzen Brett“ regelmäßig informierten. Erst Recht hat die Beklagte nichts dazu vorgetragen, dass sie jemals den Arbeitnehmern mitgeteilt habe, sie müssten regelmäßig das „schwarze Brett“ in Augenschein nehmen, um für Ihr Vertragsverhältnis relevante Mitteilungen zu Kenntnis zu nehmen vergleiche Bundesarbeitsgericht vom 03.07.2013-2 AZR 235/02).

Es lässt sich somit nicht feststellen, dass das „schwarze Brett“ ein werde, der zum Zwecke der kennt des in Kenntnis setzen nach § 174 S. 2 BGB als gleichwertiger Ersatz für die Vorlage der Vollmachtsurkunde angesehen werden könnte.“

FAZIT:
Das „schwarze Brett“ ist nicht geeignet zur Problemlösung. Arbeitnehmer können sich in diesen Fällen mit guten Aussichten gegen eine Kündigung wehren, wenn Sie denn schnell handeln.