Die Beendigung eines Mietverhältnisses kann komplex sein, besonders wenn die Fronten zwischen Mietern und Vermietern verhärtet sind. Was passiert, wenn der Mieter auszieht, aber Streit über die Wirksamkeit der Kündigung besteht oder die Wohnung nicht vollständig geräumt wird? Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18. Juni 2025 (Az. VIII ZR 291/23) bringt wichtige Klarheit für beide Seiten und sollte von Vermietern und Mietern gleichermaßen beachtet werden.
Wann „enthält“ der Mieter die Wohnung vor?
Der BGH präzisiert, wann eine Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses als „vorenthalten“ im Sinne des § 546a Abs. 1 BGB gilt. Dies ist nur der Fall, wenn zwei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind:
- Der Mieter gibt die Wohnung nicht zurück.
- Das Unterlassen der Rückgabe widerspricht dem ausdrücklichen Willen des Vermieters.
Das klingt logisch, birgt aber eine wichtige Nuance, die im nächsten Punkt deutlich wird.
Der fehlende Rückerlangungswille des Vermieters
Entscheidend ist, dass ein Vermieter keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung hat, wenn er selbst (im Rechtsstreit) davon ausgeht, dass das Mietverhältnis fortbesteht – selbst wenn der Mieter gekündigt hat. Ein klassisches Beispiel: Der Vermieter hält die Kündigung des Mieters für unwirksam und akzeptiert weiterhin Mietzahlungen. In diesem Szenario fehlt es am „Rückerlangungswillen des Vermieters“. Der BGH sagt hierzu sinngemäß: Nur wenn der Vermieter die Wohnung tatsächlich zurückhaben will und dies auch klar zum Ausdruck bringt, kann ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltung entstehen.
Nutzungsentschädigung: Was zählt wirklich?
Ein weiterer wichtiger Punkt des Urteils betrifft den Anspruch auf Nutzungsersatz auf bereicherungsrechtlicher Grundlage (§ 812 BGB), der ins Spiel kommt, wenn der Mieter die Wohnung über das Mietvertragsende hinaus nutzt (z.B. weil noch Sachen in der Wohnung lagern), aber kein Fall des „Vorenthaltens“ vorliegt. Hier stellt der BGH klar: Es kommt maßgeblich auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen an. Der bloße (unmittelbare oder mittelbare) Besitz an der Wohnung, z.B. weil der Mieter noch einen Schlüssel hat, reicht hierfür nicht aus.
Besonders interessant ist die Frage der Bemessung des Wertes der Nutzungen, wenn die Wohnung nach dem Auszug nicht mehr zum Wohnen genutzt wird, sondern nur noch einzelne Möbelstücke darin verbleiben. In einem solchen Fall ist der Wert der Nutzung nicht mit der üblichen Miete für eine bewohnte Wohnung gleichzusetzen. Vielmehr bemisst sich der Wert nach der geringeren tatsächlichen Nutzung – im Beispiel der Möbel nach dem Wert der bloßen Einlagerung.
Was bedeutet das für Sie?
Für Vermieter: Prüfen Sie genau, ob Sie tatsächlich einen „Rückerlangungswillen“ haben und diesen klar kommunizieren. Akzeptieren Sie keine Mietzahlungen mehr, wenn Sie die Kündigung als wirksam betrachten und die Wohnung zurückhaben wollen. Seien Sie sich bewusst, dass ein bereicherungsrechtlicher Anspruch nur die tatsächlich gezogenen Nutzungen abdeckt. Die Praxis, eine volle Nutzungsentschädigung zu verlangen, obwohl die Wohnung nur noch teilgenutzt oder als Abstellraum fungiert, könnte nun erschwert sein.
Für Mieter: Dieses Urteil stärkt Ihre Position, wenn es Streitigkeiten über das Ende des Mietverhältnisses gibt. Wenn der Vermieter die Kündigung nicht akzeptiert und vom Fortbestand des Mietverhältnisses ausgeht, kann er möglicherweise keine Nutzungsentschädigung gemäß § 546a BGB fordern. Auch die Höhe einer etwaigen bereicherungsrechtlichen Forderung ist auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen begrenzt, was bei nur teilweiser Räumung oder bloßer Möbeleinlagerung relevant wird.
Fazit
Das neue BGH-Urteil unterstreicht einmal mehr die Komplexität des Mietrechts und die Notwendigkeit einer präzisen Rechtsberatung. Ob Sie Vermieter oder Mieter sind – bei Fragen rund um die Beendigung von Mietverhältnissen, Kündigungen und Nutzungsentschädigungen ist es unerlässlich, rechtlichen Rat einzuholen. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf, um Ihre individuelle Situation zu besprechen und Ihre Rechte optimal zu wahren.