Muss ich die Vereinbarung zu Kurzarbeit wegen Corona unterzeichnen?

Muss ich die Vereinbarung zu Kurzarbeit wegen Corona unterzeichnen?

Muss ich die Vereinbarung zu Kurzarbeit wegen Corona unterzeichnen?

In der Zeit der Coronapandemie fällt es vielen Unternehmen schwer, die wirtschaftliche Zukunft abzusehen und die Bundesregierung lockert die Möglichkeiten für den Bezug von Kurzarbeitergeld.

So manchem Arbeitgeber fällt hierbei auf, dass er gar nicht so einfach Kurzarbeit umsetzen kann, sondern es dort einiges zu beachten gilt. Auch Arbeitnehmer*innen stellen sich dabei Fragen, wie die in der Überschrift.

Was ist Kurzarbeit?

Kurzarbeit ist eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit.

Führt eine Kurzarbeit zur Einstellung der Arbeit, spricht man von „Kurzarbeit Null“.

Kurzarbeit muss sich nicht zwingend auf den gesamten Betrieb erstrecken, sondern kann auch Betriebsteile betreffen.

Was ist der Sinn von Kurzarbeit?

Sinn und Zweck der Kurzarbeit ist die wirtschaftliche Entlastung des Unternehmens durch Senkung der Personalkosten. Hierbei sollen aufgrund des Merkmales der „vorübergehenden Zeit“ Arbeitsplätze erhalten werden.

Darf ein*e Arbeitgeber*in einseitig Kurzarbeit anordnen?

Nein. Es bedarf einer rechtlichen Grundlage, z.B. in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat.

Bei einer Betriebsvereinbarung ist derzeit darauf zu achten, dass ein wirksamer Betriebsratsbeschluß nur in einer Betriebsratssitzung erfolgen kann. Beschlüsse per Telefon- oder Videokonferenz sind gesetzlich nicht vorgesehen (und auch eine Ministererklärung steht nicht über dem Gesetz). Gab es keine (persönliche) Betriebsratssitzung kann darauf aufbauend auch kein Anspruch auf Kurzarbeit bestehen mit der Folge, dass Arbeitnehmer*innen die volle Vergütung für die vertraglich vereinbarte (ungekürzte) Arbeitszeit zusteht.

In den AVR der Diakonie Sachsen ist dies in § 9 i geregelt (allerdings angelehnt an die Regelung, dass mindestens 1/3 der Beschäftigten betroffen sein muss (nach den aktuellen Ausnahmeregelungen kann Kurzarbeitergeld bereits bei 10 % beantragt werden) und eine Dienstvereinbarung (mit der Mitarbeitervertretung) besteht).

Die Kirchliche Dienstvertragsordnung (KDVO) der Evangelisch Lutherischen Kirche in Sachsen sieht hingegen keine Kurzarbeit vor. Hier bedarf es einer individuellen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Hinweise der Evangelisch Lutherischen Kirche in Sachsen zu Kurzarbeit gibt es hier und hier.

Natürlich darf es auch eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag geben – welche auch durch nachträgliche Ergänzung zum Arbeitsvertrag vereinbart werden kann. Konkreter Anlass ist derzeit die Coronapandemie. Als arbeitsvertragliche Vereinbarung muss die Regelung natürlich auch wirksam sein und unterliegt der Prüfung nach den Grundsätzen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (z.B. hinsichtlich Transparenz, Klarheit, Bestimmtheit).

Eine Ausnahme hiervon ist nach § 19 KSchG nach Zustimmung durch die Landesarbeitsagentur möglich, wenn andernfalls eine Massenentlassung nach § 17 KschG droht.

Was passiert, wenn Arbeitnehmer*innen die Vereinbarung von Kurzarbeit im Arbeitsvertrag ablehnen?

Die Eingangsfrage ist zu verneinen. Arbeitnehmer*innen „müssen“ keine Veränderung des Arbeitsvertrages hinnehmen bzw. akzeptieren, sind doch damit einschneidende Änderungen verbunden wie Entgeltreduzierung auf 60 oder 67 % der Nettoentgeltdifferenz und geringerer Sozialversicherungsbeiträge.

Zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes wird die Differenz zwischen der eigentlichen Vergütung („Soll-Entgelt“) und der gekürzten Vergütung („Ist-Entgelt“) berechnet. Urlaubs- und Weihnachtsgeld und Leistungsprämien bleiben außen vor. Als „Soll-Entgelt“ werden nur Einkünfte bis zur Beitragsbemessungsgrenze für die Renten- und Arbeitslosenversicherung berücksichtigt. Die Beitragsbemessungsgrenze liegt bei 6900 € (alte Bundesländer) und 6450 € (neue Bundesländer) im Monat.Insoweit sollten Arbeitnerhmer*innen gut überlegen, ob sie einer Vereinbarung zu Kurzarbeit zustimmen.

Sind Arbeitnehmer*innen mit der Vereinbarung zur Einführung einer Kurzarbeit nicht einverstanden und lehnen diese ab, kann ein*e Arbeitgeber*in – nur – eine Änderungskündigung aussprechen um das Ziel der Kurzarbeit umzusetzen. Hierbei müssen die Kündigungsfristen für eine Beendigungskündigung eingehalten werden (was mehrere Monate sein können, z.B. nach § 622 II BGB bis zu 7 Monate). Die Reduzierung der Arbeitszeit und des Entgelts können in diesem Fall frühestens zu deren Ablauf in Kraft treten und werden nur wirksam, wenn die Änderungskündigung auf dringenden betrieblichen Bedürfnissen beruht und sonstige Voraussetzungen eingehalten werden oder der Arbeitnehmer die Änderungskündigung nicht binnen 3 Wochen gerichtlich angreift.

Ob man sich mit der Ablehnung der Vereinbarung über Kurzarbeit „Freunde macht“, muss jede*r für sich selbst beantworten in dieser Zeit, ist es doch gerade eine Möglichkeit, die Arbeitsplätze über die Krisenzeit hinaus zu erhalten. Dies ist mit in der Abwägung zu berücksichtigen – neben den Nachteilen der Kurzarbeit.

Welche Folgen hat es, wenn die Vereinbarung zu Kurzarbeit unwirksam ist?

Die vertragliche Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit muss ebenso wie andere Regelungen im Arbeitsvertrag einige Voraussetzungen erfüllen, um wirksam zu sein. Sie darf nicht unbestimmt und unklar sein. Sie muss Ankündigungsfristen, Beginn und Dauer der Kurzarbeit, die Lage und Verteilung der Arbeitszeit enthalten.

Erfüllt die vertragliche Vereinbarung dies nicht und ist unwirksam, behalten Arbeitnehmer*innen ihren ungekürzten Vergütungsanspruch und können diesen geltend machen (Achtung: etwaige Ausschlussfristen beachten) und ggf. einklagen.

Gleiches gilt, wenn ein Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt wurde.

Wie wird Kurzarbeit umgesetzt?

In Betrieben mit einem Betriebsrat ist der Betriebsrat bei der Anordnung mit zu beteiligen. Andernfalls kann der Arbeitgeber dies anordnen – wenn eine rechtliche Grundlage (s.o.) besteht. Zudem muss – wenn die Agentur für Arbeit Leistungen erbringen soll – unverzüglich die Kurzarbeit gegenüber der Agentur für Arbeit angezeigt werden. Dies erfolgt ebenso über den Arbeitgeber wie auch die Beantragung des Kurzarbeitergeldes.

Was passiert bei Kurzarbeit ?

Der Arbeitgeber muss nur die tatsächlich erbrachten – reduzierten – Arbeitszeiten bezahlen mit der vertraglich vereinbarten Vergütung („Kurzlohn“). Hinsichtlich des ausgefallenen Arbeitszeitvolumens springt – wenn die Voraussetzungen der §§ 95 bis § 106 SGB III gegeben sind – die Agentur für Arbeit zu einem Großteil (aber nicht vollständig) ein (Kurzarbeitergeld).

Wie lange kann Kurzarbeitergeld gezahlt werden?

Kurzarbeitergeld wird nach § 104 SGB III für maximal 12 Monate bezahlt. Die Bundesregierung hat jedoch in Aussicht gestellt, dies ggf. zu verlängern auf 24 Monate.

Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Kurzarbeitergeld ist steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt. Die Höhe richtet sich nach §§ 104 und 105 SGB III und beträgt 67 % (mit Kind) oder 60 % (ohne Kind) der Nettoentgeltdifferenz. Verkürzt gesagt, erhalten bei „Kurzarbeit Null“ die „freigestellten“ Arbeitnehmer*innen Kurzarbeitergeld in Höhe des Arbeitslosengeldes. Im Übrigen geht durch den Bezug von Kurzarbeitergeld ein etwaiger späterer Arbeitslosengeldanspruch nicht verloren und führt auch nicht zu einer betragsmäßigen Kürzung des Arbeitslosengeldanspruchs.

In manchen Fällen sehen Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen vor, dass Arbeitgeber*innen noch Zuschläge hierauf zu zahlen haben.

Wer hat Anspruch auf Kurzarbeitergeld?

Nur Arbeitnehmer*innen, welche der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung unterliegen, können einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben. Da Minijobs (450-€ Basis) versicherungsfrei sind, gibt es für diese kein Kurzarbeitergeld. Fragen zu Minijobs in der Zeit der Coronapandemie beantwortet die Minijobzentrale auf Ihrem Blog.

Auch Altersrentner sind grundsätzlich versicherungsfrei bzgl. der Arbeitslosenversicherung und haben deshalb keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.

Was passiert, wenn die Agentur für Arbeit den Antrag auf Kurzarbeitergeld ablehnt?

Da das Arbeitsverhältnis fortbesteht und das Betriebsrisiko den Arbeitgeber trifft, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer*innen die vertragliche Regelvergütung (ungekürzt) auszahlen.

Urlaub und Kurzarbeit

Vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld ist etwaiger Resturlaub aus den Vorjahren (neben Urlaubsansprüchen aus dem Jahr 2019 kann das auch Ansprüche aus weiteren Vorjahren erfassen) zu nehmen.

Urlaubsansprüche aus dem laufenden Jahr 2020 müssen – ausnahmsweise in der Pandemiezeit (befristet bis 31.12.2020) – nicht zwingend vor Bezug von Kurzarbeitergeld genommen werden.

Urlaubsansprüche können zeitanteilig um die Zeit der Kurzarbeit gekürzt werden (vgl. EuGH, Urteil v. 8. November 2012 – C-229/11). Ob dies automatisch geschieht oder in einer kollektivrechtlichen/vertraglichen Vereinbarung vorgesehen sein muss, ist bislang in der Rechtsprechung ungeklärt.

Kurzarbeit wirkt sich nicht auf die Höhe des Urlaubsentgelts aus. Das Urlaubsentgelt berechnet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt. Kam es in diesen 13 Wochen bereits zu Kurzarbeit, bleiben diese Zeiten unberücksichtigt. Mithin kommt es auch hierdurch nicht zu einer Urlaubsentgeltreduzierung.

Haben Sie hierzu Fragen, scheuen Sie sich nicht, mit unserer Kanzlei Kontakt aufzunehmen – gern per Mail oder Telefon.

Weitere Informationen finden Sie beispielsweise unter https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-uebersicht-kurzarbeitergeldformen

https://www.arbeitsagentur.de/finanzielle-hilfen/kurzarbeitergeld-arbeitnehmer

Stand 07.04.2020