In Zeiten der Pandemie kommt Gesundheitsschutz ein hoher Stellenwert zu. Arbeitgeber*innen trifft für Arbeitnehmer*innen eine Fürsorgepflicht. Geht diese soweit, dass Arbeitgeber*innen anweisen dürfen, dass in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers eine Mund-Nase-Maske zu tragen sind und zwar von Besucher*innen wie auch Arbeitnehmer*innen? Was ist, wenn Arbeitnehmer*innen ein ärztliches Attest vorlegen mit einer „Maskenbefreiung“?
Hierüber wird manches Mal gestritten. So wandte sich ein Arbeitnehmer auch vor dem Arbeitsgericht Siegburg gegen die Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung im Gebäude des Arbeitgebers zu tragen.
Der Fall
Der Arbeitnehmer ist als Verwaltungsmitarbeiter im Rathaus einer Kommune beschäftigt. Die Kommune ordnete mit Schreiben vom 06.05.2020 mit Wirkung zum 11.05.2020 in den Räumlichkeiten des Rathauses das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung für Besucher und Beschäftigte an. Der Arbeitnehmer legte ein Attest vor, das ihn ohne Angabe von Gründen von der Maskenpflicht befreite. Daraufhin wies der Arbeitgeber ihn an, ein Gesichtsvisier beim Betreten des Rathauses und bei Gängen über die Flure und in Gemeinschaftsräumen zu tragen. Der Arbeitnehmer legte ein neues Attest vor, das ihn – wiederum ohne Angabe von Gründen – von der Pflicht zum Tragen von Gesichtsvisieren jeglicher Art befreite. Ohne Gesichtsbedeckung wollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer jedoch nicht im Rathaus beschäftigen. Mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrte der Arbeitnehmer deshalb seine Beschäftigung im Rathaus ohne Gesichtsbedeckung.
Die Entscheidung
Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Siegburg gem. Pressemitteilung überwiegt der Gesundheits- und Infektionsschutz aller Mitarbeiter und Besucher des Rathauses das Interesse des Arbeitnehmers an einer Beschäftigung ohne Gesichtsvisier oder Mund-Nase-Abdeckung. Die Atteste vermögen seinen Anspruch nicht zu stützen, da konkrete und nachvollziehbare Angaben fehlen, weshalb eine Maske nicht getragen werden könne.
Fazit
Es ist nun schon mehrfach gerichtlich bestätigt, dass nicht jedes ärztliches Gefälligkeitsattest eine wirksame Befreiung von der Maskenpflicht mit sich bringt. Es müssen sich schon konkrete Gründe nachvollziehbar aus dem Attest ergeben. Ist dies nicht der Fall, ist die Maske zu tragen.
ABER:
Das OVG Berlin-Brandenburg (11 S 132/20) hat in Bezug auf eine Prüfung der Regelung der dritten SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg in Eilverfahren betreffend das Attest für eine Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung entschieden, dass das zum Nachweis vorzulegende ärztliche Zeugnis nicht (!) die konkret zu benennende gesundheitliche Beeinträchtigung (Diagnose) sowie konkrete Angaben beinhalten muss, warum sich hieraus eine Befreiung von der Tragepflicht ergibt.
Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichtes ist offen, ob der hiermit verbundene datenschutzrechtliche Eingriff im Infektionsschutzgesetz eine hinreichende Rechtsgrundlage findet. Im Rahmen einer Folgenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die „erforderlichen konkreten Angaben“ zur Folge hätten, dass betroffene Personen ihre Diagnose und sich daraus ergebene Folgen an einer Vielzahl von nicht-öffentlichen Stellen (Geschäfte, öffentliche Verkehrsmittel, Arbeits- und Betriebsstätten, Büro- und Verwaltungsgebäude, Versammlungen unter freiem Himmel, religiöse Veranstaltungen) vor Ort offenbaren müssten. Hierbei handele es sich aber um personenbezogene Gesundheitsdaten, die besonders sensibel seien und daher einem besonders hohen Datenschutz unterfielen. Die konkrete Verordnung selbst bestimme nicht, dass die Personen, gegenüber denen der Nachweis zu erbringen sei, Stillschweigen über die Gesundheitsdaten zu bewahren habe. Auch sei die Preisgabe der erhobenen Gesundheitsdaten nicht bußgeldbewehrt.
Man sieht, die Rechtsprechung ist im Fluss.