Ein nutzloser Vergleich?

Ein nutzloser Vergleich?

Ein nutzloser Vergleich?

In arbeitsgerichtlichen Verfahren über eine Kündigung kommt es oft zu einer vergleichsweisen Regelung vor Gericht. Das hierbei auf den Inhalt und Wortlaut besonders zu achten ist, zeigt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes.

Der Fall

Eine Arbeitnehmerin wird mit Schreiben vom 07.09.2015 außerordentlich gekündigt zum 30.09.2015, hilfsweise ordentlich zum nächst zulässigen Zeitpunkt. Sie erhebt hiergegen Kündigungsschutzklage. Noch während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens nimmt die Arbeitnehmerin mit Wirkung ab 01.11.2015 einen neuen Job an, in dem Sie mehr verdient als zuvor. Im Gerichtsverfahren verständigt sich die Arbeitnehmerin am 15.03.2016 auf den folgenden Vergleich (auszugsweise):

  1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung mit Ablauf des 31.01.2016.

2. Die Beklagte rechnet das Arbeitsverhältnis bis zu dessen Beendigung auf Basis eines Bruttomonatsgehalts iHv. 1.343,75 Euro ordnungsgemäß ab und zahlt den entsprechenden Nettobetrag, vorbehaltlich auf Dritte übergegangener Ansprüche, an die Klägerin aus.

8. Darüber hinaus hat keine Partei mehr gegen die andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung, unabhängig davon, ob solche derzeit bekannt oder unbekannt sind und auf welchem Rechtsgrund sie beruhen mögen.“

Die Arbeitnehmerin meinte nun, dass ihr aus dem Arbeitsverhältnis Zahlungen des „vereinbarten“ Bruttomonatsgehaltes zustünden. Der Arbeitgeber zahlte jedoch nicht. Eine Vollstreckung war unzulässig und deshalb nicht möglich. Deshalb erhob die Arbeitnehmerin Klage und verlangte vom Arbeitgeber Zahlung für die Monate Oktober 2015 bis Januar 2016 abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht gab der Klage hingegen statt. Der Arbeitgeber legte Revision zum Bundesarbeitsgericht ein und trug vor, dass keinerlei Zahlungsverpflichtung bestünde, da lediglich eine Abrechnung geschuldet sei und keine Zahlung.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht (Urteil vom 27.05.2020 – 5 AZR 101/19).

Der Vergleich ist auszulegen. Hiernach verpflichtet sich der Arbeitgeber lediglich zu einer Abrechnung. Dies begründet jedoch keine Zahlungspflicht, wenn die Ansprüche, auf die sich die Abrechnungspflicht beziehen soll, nicht benannt sind.

Dass sich der Vergleich bei diesem Verständnis für die Arbeitnehmerin wirtschaftlich als nahezu wertlos erweist, hat das Bundesarbeitsgericht gesehen. Jedoch führt dies zu keinem anderen Verständnis des Prozessvergleichs, weil weder festgestellt ist noch die Arbeitnehmerin schlüssig behauptet hat, dass der Arbeitgeber bereits im Zeitpunkt des Zustandekommens des Vergleichs positive Kenntnis von einer vor dem 1. Februar 2016 bestehenden anderweitigen Beschäftigung der Arbeitnehmerin gehabt hätte.

Fazit

Ein Vergleichsabschluss sollte immer gut überlegt sein und sämtliche relevante Punkte berücksichtigen. Insoweit empfehlen wir, rechtzeitig die fachkompetente Unterstützung von Fachanwälten für Arbeitsrecht einzuholen. Uns erreichen Sie beispielsweise hier.