Rückzahlungspflicht für Weiterbildungen – besteht oft nicht

Rückzahlungspflicht für Weiterbildungen – besteht oft nicht

Rückzahlungspflicht für Weiterbildungen – besteht oft nicht

Die beständige Fortbildung und (Weiter-)Qualifizierung ist im Interesse von Unternehmen und Arbeitnehmer*innen. Oftmals sind Unternehmen bereit, die Kosten hierfür zu übernehmen, verbunden mit der Absicht, von der durch die Fortbildung erzielten Qualifizierung eine Zeit lang zu profitieren. Um dies abzusichern, werden oft Verträge geschlossen, welche Rückzahlungsklauseln beinhalten, falls Arbeitnehmer*innen vor Ablauf der vereinbarten Bindungsfristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden.

Arbeitnehmer*innen sehen hingegen bei Wechselabsichten (z.B. lukrativerer Job, besseres Arbeitsklima etc.) vor Ablauf der vereinbarten Bindungsfristen einen finanzielles Risiko, muss doch der vom Unternehmen aufgewandte Betrag (teilweise) erstattet werden.

Doch oftmals sind solcherlei Rückzahlungsklauseln unwirksam. Unternehmen erhalten keine Erstattung und Arbeitnehmer*innen können ohne „Rückzahlung“ das Arbeitsverhältnis kündigen.

Einen solchen Fall hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.

Der Fall:
Eine Arbeitnehmerin erhält eine vom Arbeitgeber bezahlte Fortbildung (insgesamt 4.90,00 €). Im Vertrag findet sich folgende Klausel zur Bindung und Rückzahlung:

 

„§ 3 Bindungsfrist und Rückzahlungsfrist

(1) Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Fortbildung für mindestens 6 Monate fortzusetzen.

(2) Scheidet der Arbeitnehmer aufgrund einer eigenen ordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden oder einer eigenen außerordentlichen nicht vom Arbeitgeber zu vertretenden Kündigung oder aufgrund einer vom Arbeitgeber erklärten verhaltensbedingten ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung vor Ablauf der in Abs. 1 genannten Bindungsfrist aus den Diensten des Arbeitgebers aus, so hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die vom Arbeitgeber übernommenen Gesamtkosten an diesen zurückzuzahlen. Die Rückzahlungspflicht gilt auch im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen vom Arbeitnehmer veranlassten Aufhebungsvertrag.

Für je einen vollen Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Fortbildung werden 1/6 des gesamten Rückzahlungsbetrages erlassen.

(3) Ebenso besteht die Rückzahlungspflicht, wenn der Arbeitnehmer die Fortbildung aus in seiner Sphäre liegenden und von ihm zu vertretenden Gründen vorzeitig abbricht.“

Die Arbeitnehmerin kündigt das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsfrist. Trotz Aufforderung zur Erstattung anteiliger 2.726,78 € zahlt die Arbeitnehmerin nicht. Sie ist der Auffassung, dass die Klausel unwirksam sei, da diese eine unangemessene Benachteiligung beinhalte für den Fall, dass sie ggf. unverschuldet dauerhaft nicht mehr in der Lage sei, ihren arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen, und das Arbeitsverhältnis aus diesem Grund personenbedingt kündige.

Sie behauptet aber nicht, dass dies bei ihr der Fall und Kündigungsgrund war.

Das Unternehmen klagt auf Zahlung. Wer hat Recht?

Das Urteil
Das Bundesarbeitsgericht (vom 01.03.2022 – 9 AZR 260/21) entschied zu Gunsten der Arbeitnehmerin und führt in den Urteilsgründen u.a. aus:

„Die Rückzahlungsklausel führt zu einer unangemessenen Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und ist deshalb unwirksam.

Eine Rückzahlungsklausel ist auch dann unangemessen benachteiligend iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn sie auch den Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer kündigt, weil es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, zur Erstattung der Fortbildungskosten verpflichten soll.

Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel ist es unerheblich, ob der Arbeitgeber im Entscheidungsfall durch personenbedingte Gründe im vorgenannten Sinne zur Eigenkündigung veranlasst wurde. Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln (§ 305 Abs. 1 Satz 1, § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Fall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßanteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat.“

Fazit
Es ist dringend den Unternehmen anzuraten, etwaige Vorlagen und Verträge zu überprüfen und ggf. anzupassen bzw. zu ergänzen. Beispielsweise kann folgender Satz helfen:

„Eine Rückzahlungspflicht besteht nicht, wenn durch den Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer gekündigt wird, weil es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.“

Arbeitnehmer*innen sollten vor Ausspruch einer Eigenkündigung oder den Abschluss eines Aufhebungsvertrages etwaige Rückzahlungsklauseln auf ihre Wirksamkeit überprüfen lassen. Sie können natürlich auch mit uns Kontakt aufnehmen – per OMA, Mail oder Telefon.