Abberufung von Geschäftsführer*innen – was nun (tun)?

Abberufung von Geschäftsführer*innen – was nun (tun)?

Abberufung von Geschäftsführer*innen – was nun (tun)?

Geschäftsführer*in zu sein, ist sicher verantwortungsvoll und nicht immer einfach. Dies gilt im besonderen auch als sogenannte*r Fremdgeschäftsführer*in (also ohne eigener Gesellschafter*innenstellung), sollte doch auch gegenüber den Eigentümer*innen der Gesellschaft ein besonderes Vertrauensverhältnis bestehen. Ist dieses betroffen oder (einseitig) belastet, kommt es oft zu Abberufung und Kündigung des Geschäftsführungsvertrages.

Kann hiergegen Klage erhoben werden? Vor welchem Gericht?

Dies ist nicht immer einfach zu beantworten und erst recht nicht in dieser Pauschalität. Es greift wieder einmal der Lieblingssatz aller Jurist*innen „es kommt darauf an“.

Vor Arbeitsgerichten sollen arbeitsrechtliche Streitigkeiten mit Arbeitnehmer*innen geklärt werden. Unter Beachtung des § 5 I 3 ArbGG gelten Geschäftsführer*innen nicht als Arbeitnehmer*in. Dies hat zur Folge, dass für Streitigkeiten bei laufender Geschäftsführungsausübung die Arbeitsgericht nicht zuständig sind, sondern in aller Regel das Landgericht.

Die Prozesse vor Landgerichten bieten nicht immer nur Vorteile, so dass manches Mal ein Verfahren vor einem Arbeitsgericht bevorzugenswert erscheint, sei es aus Zeit- (meist schnellere Verfahrensbearbeitung) oder Kostengründen (keine Kostenerstattung in I. Instanz).

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (z.B. Beschluß vom 22.10.2014, 10 AZB 46/14) kann der Weg zu den Arbeitsgerichten eröffnet sein, wenn

  1. eine Freistellung bzw. Abberufung erfolgt ist und
  2. dies der geschäftsführenden Person bekannt gemacht wurde und
  3. Gegenstand der Auseinandersetzung das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt, wie z.B. Kündigungsschutzklage, Zeugnisansprüche etc..

Wann ist ein Geschäftsführungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis?

Nachfolgend soll beantwortet werden, wann bei einem Geschäftsführungsvertrag von einem Arbeitsverhältnis gesprochen werden kann, denn dies war Gegenstand einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 17.6.2020 (7 AZR 398/18).

In diesem Verfahren wandte sich eine Geschäftsführerin eines Abwasserzweckverbandes vor Arbeitsgerichten gegen ihre Abwahl.

Das Bundesarbeitsgericht führt in seiner Entscheidung aus:

„Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines selbstständig Tätigen durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der Verpflichtete befindet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 HGB). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen.“  

Soweit, so gut. Doch entscheidender und folgenschwerer sind die folgende Sätze aus dem Urteil:

„Allerdings gelten die dargestellten Grundsätze zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von einem freien Dienstverhältnis grundsätzlich nur für solche Fälle, in denen die Parteien ihr Rechtsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet haben, sondern als freies Mitarbeiter- oder Dienstverhältnis. Haben die Parteien ein Arbeitsverhältnis vereinbart, so ist es auch regelmäßig als solches einzuordnen (BAG 18. März 2014 – 9 AZR 694/12 – Rn. 19; …). Dies ergibt sich aus der Vertragsfreiheit der Parteien (…).

Ist der Vertrag für die Geschäftsführung weder als Dienstvertrag noch als Arbeitsvertrag bezeichnet, kommt es auf die Auslegung der konkreten Vertragsregelungen an. Aus dieser Auslegung kann sich ergeben, dass die Vertragsschließenden ein Arbeitsverhältnis vereinbarten.

In der vorbenannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes wurde auf folgende Punkte aus dem Geschäftsführungsvertrag abgestellt:

  • volle Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft stellen
  • Geschäftsführerin sei „leitende Angestellte“ (leitende Angestellte sind regelmäßig Arbeitnehmer*in und nicht Dienstnehmer*in)
  • Eingruppierung in ein Tarifwerk
  • Behandlung der Geschäftsführerin in Bezug auf Sozialversicherungen und betriebliche Altersvorsorge wie „jeden anderen Arbeitnehmer“

Dies sprach dafür, dass vorliegend ein Arbeitsverhältnis vereinbart wurde. Deshalb konnte die Geschäftsführerin vor den Arbeitsgerichten erfolgreich gegen Ihre Abberufung vorgehen.

Fazit:

Lassen Sie im Bedarfsfall Ihre Verträge von fachlich versierten Menschen prüfen und entscheiden Sie sodann gemeinsam über die richtige Vorgehensweise, um Ihre Ziele zu erreichen. Sie können natürlich auch mit uns Kontakt aufnehmen.